· 

radfahren nach süddeutschland

 

 

 

Gleich nach Schulschluss können wir losfahren mit unseren Fahrrädern. Recht sparsames Gepäck, ein Zelt, zwei, drei Packtaschen mit dem Nötigsten drin - das reicht. Selbst kochen und ausschließlich im Zelt schlafen ist die Devise.

Ob wir wieder wie vor drei Jahren am Anfang gleich g'scheit Strecke machen können - für unsere Verhältnisse natürlich? ...

... wir können! Dafür, dass wir außer die täglichen Wege in der Stadt so wenig mit dem Rad fahren, gewöhnen wir uns überraschend schnell ans Gerät, wie auch die Hintern dank der Hirschtalgcreme an die Sättel. Wir folgen dem schon bekannten Murradweg, in Leoben geht es durch Donawitz und dann nördlich am Trabocher See vorbei ins Palten-Liesingtal. Die letzten Höhenmeter auf den Schoberpass spüren wir freilich, aber der erste Tag ist gut geschafft. 

Nur durch kurze Regengüsse unterbrochen gelangen wir bei leidlich gutem Wetter übers Ennstal nach Eben/Pongau. Ab hier wird für uns die Strecke zunehmend unbekannter, zumindest mit dem Radl. Durch Salzburg leitet der Salzachradweg gut, dann wirds schon schwieriger zu finden, denn wir suchen unsere eigene Radroute. Unser Hochzeitstag wird mit einem guten Essen bei einem Wirt in herrlicher Lage im Grünen gefeiert und findet seinen Ausklang am Waginger See in Petting. ("Wir sind schon verheiratet..."; Zit. Gerti!)

Bald sind wir in München, wo die Radwege hervorragend ausgeschildert sind, sodass nicht nur das Finden des günstigen Campingplatzes (samt Videowall für das Halbfinalspiel Frankreich-Belgien), sondern auch die Weiter- fahrt zum Deutschen Museum und anschließend durch die Stadt kein Problem darstellen. Drei Stunden geben wir uns - getrennt wohlgemerkt - Zeit im Museum, schlendern dann über den Marienplatz, schauen in die Kirche. Kirchen besichtigen wir überhaupt viele auf unserer Reise: Nicht selten sind sie mir eine willkom-mene Ausrede, endlich wieder rasten zu dürfen...

Vielfach unseren eigenen Weg suchend stoßen wir doch immer wieder ungeplant auf einen Radweg, derer es so viele bestens beschildert in Bayern gibt. Dann heißt es oft das Smartphone einschalten und googeln, ob der Weg zu unserer Richtung passt.

 

Über Harburg gelangen wir nach Nördlingen, unserem "Ziel", sofern überhaupt eines nötig war. Nördlingen gefällt uns sehr. Zurecht machte uns vor drei Jahren auf dem Donauradweg ein Kollege auf die reizende Stadt mit ihrer umlaufenden Stadtmauer, der St. Georgs-Kirche mit dem Turm, "Daniel" genannt, aufmerksam. Allein, damals waren wir nach über sechzig Tagen in der Schweiz, Spanien und Frankreich schon so von Eindrücken gesättigt, dass wir diesen 30 km-Abstecher einfach nicht mehr machen wollten. Diesmal gingen wir auch ins Rieskrater-Museum, das viele interessante Eindrücke und Wissenswertes vom Asteroideneinschlag vor 15 Mio. Jahren zeigt.

   Wie so oft genügte auch dieses Mal ein kleiner Impuls, die Radroute nach unserem Geschmack zu ändern. Wir lesen auf der Karte "Altmühltal", ich erinnere mich daran, irgendwann in grauer Vorzeit in einem Bergsteigerheft davon gelesen zu haben, und schon fahren wir in die neue Richtung. Noch am Tag des Nördlingen-Besuchs geht's bis nach Dollnstein und dann einen ganzen Tag weiter in dieser wunderschönen Landschaft bis an die Donau. 

Wir wissen natürlich, wie es am bequemsten ginge, nach Österreich zu fahren. Aber nein, wir wollen nicht schon wieder auf dem Donau- oder dem Innradweg mit den tausenden Radtouristen strampeln! So setzen wir unseren Kopf durch und auf geht's, gleichsam querfeldein nach Südosten. Geschickt gelingt es uns zwei Tage lang, nahezu jedem starken Verkehr auszuweichen und durch wunderschöne, manchmal gottverlassene Gegenden zu reisen. 

In Altötting umfängt mich kritisch-gläubigen Menschen wieder einmal die seltsam-heilige Stimmung, die viele gläubige, hoffende Menschen an einem besonderen Ort - und das trotz des manchmal schon lächerlichen Kitsches, Devotionalien genannt - erzeugen. Ich erlebe hier ähnliche Gefühle wie etwa in Lourdes. 

Der jetzt strömende Regen stört nicht. Und beim nächsten Pflicht-Sightseeing in Burghausen ist es schon wieder strahlend schön.

Weil es direkt auf der Strecke liegt, fahren wir dem Römerradweg vom Inn folgend nach Waldzell, nein, nicht um Andi Goldberger in seinem Geburtsort die Ehre zu erweisen: Andrea, Gertis Schwester und Rudi haben dort in einem ausnehmend originell und liebevoll restaurierten Haus ein Refugium, das Seinesgleichen sucht. Wir werden gastfreundlichst empfangen und verwöhnt. Begeistert erzählen die beiden von ihrer eben erlebten Motorradtour, 3 Tage nach Süden über den Glockner und über Salzkammergut und Ramsau zurück. Andreas Vespa, die sie uns voll Freude zeigt, ist heute schon wieder auf Hochglanz poliert, so wie Rudis Honda 500, Baujahr 74. Wir merken gar nicht, dass mit dem Besuch gleich 6 Stunden vergangen sind. Da heißt's noch einmal ordentlich in die Pedale treten, damit wir weiter kommen. Knapp vor Lambach bekommen wir einen Traumschlafplatz im Wald, fern von der Straße und völlig ungestört, geboten. 

Jetzt ist es nicht mehr so weit: Ein paar Hügelketten queren, einigen Tälern, besonders schön der Ybbs, folgen, ein paar Besichtigungen, wie etwa Kremsmünster, und schon kämpfen wir uns Kurzpause auf Kurzpause folgend über den Zeller Rain zum Erlaufsee.

Ein erfrischendes Bad, ein netter Abend mit gutem, wie fast immer selbst gekochtem Essen - ja, Reis oder Nudeln lautete die Standardfrage :)) - eine unruhige, laute Nacht später: Und schon fahren wir die letzte lange Etappe los auf den Lahnsattel.

Eine so hervorragende Morgenstimmung wie hier entschädigt jedenfalls für jede Mühe oder Anstrengung. Der Rest, vorbei am Wasserfall "Totes Weib" am wunderschönen Mürztalradweg und mit einem Besuch im Neuberger Münster, ist fast nur mehr Formsache, das Eis in Bruck hingegen Pflicht. 

 

Nach einem Zwölfstundentag genießen wir die Pizza in einem Studentenlokal in Graz, erfüllt und reich beschenkt.

Tag   Route 
1 Sa, 07.Jul.18 Graz - Gaishorn
2 So, 08.Jul.18 Gaishorn - Eben
3 Mo, 09.Jul.18 Eben - Salzburg - Freilassing - Petting
4 Di, 10.Jul.18 Petting - München
5 Mi, 11.Jul.18 München - Ampersee
6 Do, 12.Jul.18 Ampersee - Augsburg - Donauwörth
7 Fr, 13.Jul.18 Donauwörth - Harburg - Nördlingen - Wemding - Dollnstein
8 Sa, 14.Jul.18 Dollnstein - Altmühltal - Kelheim/Donau
9 So, 15.Jul.18 Kelheim - Langquad - Neufahrn - Wörth - Fuchsberg - Frontenhausen - Marklkofen
10 Mo, 16.Jul.18 Marklkofen - Altötting - Burghausen - Braunau
11 Di, 17.Jul.18 Braunau - Waldzell - Schwanenstadt - Stadl Paura
12 Mi, 18.Jul.18 Lambach - Kremsmünster - Steinbach - Ternberg - Großraming
13 Do, 19.Jul.18 Großraming - Weyer - Lunz - Erlaufsee
14 Fr, 20.Jul.18 Erlaufsee - Lahnsattel - Mürzzuschlag - Bruck - Graz